Allgemeines
Gemäss Art. 337 Abs. 1 OR kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer ein bestehendes Arbeitsverhältnis jederzeit aus wichtigem Grund auflösen. In der Praxis sind jedoch meist Arbeitnehmer von einer fristlosen Entlassung betroffen, weshalb der folgende Beitrag deren Perspektive in den Fokus stellt.
Als wichtiger Grund im Sinne von Art. 337 Abs. 1 OR wird gemäss Abs. 2 jeder Umstand subsumiert, der dazu führt, das dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, wird gemäss Art. 337 Abs. 3 OR vom zuständigen Gericht nach seinem Ermessen bestimmt, wobei keinesfalls die unverschuldete Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung anerkannt werden darf.
Fristen einer fristlosen Kündigung
Ein Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer fristlos kündigen will, muss dies innerhalb einer kurzen Überlegungsfrist von maximal zwei bis drei Arbeitstagen tun, nachdem er vom «wichtigen Grund» im Sinne von Art. 337 Abs. 2 OR Kenntnis erhalten hat. Nach der herrschenden Lehre und Rechtsprechung wird dieser Zeitraum als ausreichend betrachtet, um als Arbeitgeber eine sorgfältige und verantwortungsvolle Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu treffen. Erfolgt die Kündigung nicht innerhalb dieser Frist, gilt die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses als zumutbar.
Ausgenommen davon ist eine fristlose Kündigung infolge eines bestehenden Verdachtes. Bei der sogenannten Verdachtskündigung kann der Arbeitgeber mehrere Tage oder sogar Wochen mit der Erklärung der fristlosen Kündigung zuwarten. So hielt das Obergericht Zürich in einem Urteil vom 21. September 1989 fest, dass eine fristlose Entlassung auch nach einigen Wochen oder Monaten noch rechtzeitig sein kann, wenn dem Arbeitnehmer eine Chance zur Bewährung eingeräumt werden sollte (SJZ 50/1954, 100), ein berufliches Unvermögen erst im Verlauf der Zeit offensichtlich wurde (BGE 97 II 142) oder eine vorübergehende Weiterbeschäftigung aus Gründen des Schutzes von Leben und Gesundheit Dritter erforderlich war (BGE 104 Ia 166).
Rechtliche Folgen einer fristlosen Kündigung
Unabhängig davon, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt oder ungerechtfertigt erfolgt, beendet sie das Arbeitsverhältnis sofort – selbst dann, wenn sie während einer laufenden Sperrfrist ausgesprochen wurde. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden sämtliche Forderungen beider Parteien sofort fällig.
Wird ein Arbeitnehmer ungerechtfertigt fristlos entlassen und ist die Kündigung zugleich als missbräuchlich im Sinne von Art. 336 OR zu betrachten, besteht kein Anspruch auf beide Entschädigungen gemäss Art. 336a OR und Art. 337c Abs. 3 OR. In solchen Fällen finden ausschliesslich die Bestimmungen über die ungerechtfertigte fristlose Kündigung resp. Art. 337c Abs. 3 OR Anwendung (BGE 121 III 64, S. 66 f.). Allerdings wird der Umstand der Missbräuchlichkeit bei der Bemessung dieser Pönalentschädigung erhöhend berücksichtigt. Dies gilt nach Auffassung des Bundesgerichts auch dann, wenn zunächst eine missbräuchliche Kündigung und erst später eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung erfolgt.

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