(Luzernzer Zeitung vom 4. Dezember 2018)
von Gerhard Lob
Am Ende der Urteilseröffnung konnte die Hauptbeschuldigte am Dienstag ihre Emotionen nicht zurückhalten. Sie umarmte ihren Anwalt und ihren Mitbeschuldigten. Soeben hatte das Bundesstrafgericht die 59-jährige aus dem Kanton Schaffhausen vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs freigesprochen. Die Bundesanwaltschaft hatte dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe verlangt. Auch die beiden Mitbeschuldigten wurden freigesprochen. «Ich habe 10 Jahre gelitten», sagt einer der beiden Männer beim Verlassen des Gerichtsgebäudes. So lange dauerte nämlich das Verfahren der Bundesanwaltschaft (BA) Die BA hatte schwere Vorwürfe gegen die drei Schweizer Bürger erhoben.
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Die Gerichtspräsidenten rügte in ihrer ausführlichen mündlichen Urteilsbegründung die Anklageschrift der BA [Bundesanwaltschaft] sowie den Mangel an vorgelegen Beweisen wiederholt und aussergewöhnlich scharf; sie nannte gewisse Argumente sogar «Unsinn». Die BA habe einen Indizienprozess geführt, doch keine ausreichenden Belege für ihre These vorgelegt. Zum Teil sei die Argumentation der BA sogar widersprüchlich. Daraus könnte nur folgen: «In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten.»
Für die BA endete das Verfahren somit nach 10-jähriger Dauer denkbar schlecht. Die Ermittlungsbehörde hatte sogar einen ausserordentlichen Bundesstaatsanwalt eingesetzt. «Unser Grundsatz heisst eben: Im Zweifel anklagen», sagte ein BA-Vertreter am Dienstag nach dem Urteil. Ob es zu einem Rekurs vor Bundesstrafgericht kommt, will die BA nach Sichtung des schriftlichen Urteils entscheiden. Das Verfahren hat happige finanzielle Folgen für die Staatskasse. Die Beschuldigten erhalten Entschädigungen und Genugtuung. Die grösste Entschädigungsbetrag geht mit gut 100000 Franken an die Hauptbeschuldigte. Für die Verteidigerkosten der Beschuldigten muss die Eidgenossenschaft fast 500000 Franken aufbringen. Die Gerichtspräsidentin rügte, dass die Verteidiger zu hohe Ansätze und einen überhöhten Aufwand berechnet hätten.
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