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Justiz verschleppt Aufklärung eines Millionenbetrugs

(Tages Anzeiger vom 22. Oktober 2016)

von Mario Sträuble

Die Bundesanwaltschaft tut sich nicht nur mit Mafiaermittlungen und dem Fall um Financier Dieter Behring schwer. Ein weiteres langwieriges Verfahren dreht sich um einen 170-Millionen-Dollar-Betrug, der sich in Deutschland, den USA und der Schweiz abspielt. Der Deutsche Ulrich Engler nahm von über 2000 Anlegern, darunter Hunderte Schweizer, Geld entgegen. Der Ex-Staubsaugervertreter gab vor, damit von Florida aus mit Aktien zu handeln, und versprach Renditen von monatlich 6 Prozent. Tatsächlich betrieb er ein Schneeballsystem.

Hierzulande steht eine 57-jährige Ostschweizerin im Fokus der Bundesanwaltschaft. Sie wirkte als Scharnier zwischen Engler und den Investoren, administrierte über tausend Anlageverträge und verdiente so über eine Million Franken.

Das Konstrukt kollabierte 2007. Engler wurde 2012 gefasst und 2013 in Deutschland verurteilt. Seit der ersten Razzia bei der Ostschweizerin sind neun Jahre verstrichen – das Verfahren läuft bis heute, ohne dass eine Anklage ergangen wäre. Verteidiger Michael Kummer wirft der Justiz vor, den Fall zu verschleppen: «Ich habe den Eindruck, dass die Bundesanwaltschaft überfordert ist.»

Der Strafrechtler und Ständerat Daniel Jositsch (SP) sagt, ein so lange dauerndes Verfahren sei kaum zu rechtfertigen: «Meiner Meinung nach liegt hier ein Verstoss gegen die Unschuldsvermutung vor.» Die Frau sei schon heute bestraft, ohne dass ein Urteil gesprochen worden wäre; seit fast zehn Jahren schwebe nun
das Damoklesschwert eines Strafurteils über ihr. «Sie können einen Menschen nicht so lange in diese Lage bringen», so Jositsch. Grosse Wirtschaftsstraffälle seien zwar überaus aufwendig – «aber es ist die Aufgabe der Bundesanwaltschaft, genügend Spezialisten darauf anzusetzen». Falls die Ressourcen nicht ausreichten,
müsste der Bundesanwalt von der Politik zusätzliche Mittel einfordern.

Die Bundesanwaltschaft schreibt, es sei ihr Ziel, die «wenigen noch hängigen Strafverfahren mit langer Verfahrensdauer raschestmöglich abzuschliessen». Die Vorwürfe des Verteidigers weist Sprecher André Marty zurück; man habe sorgfältig gearbeitet. Das Auswerten des Beweismaterials habe «hohen personellen
und zeitlichen Aufwand» erfordert. Dazu komme, dass der Fortschritt des Falls vom US-Konkursverfahren gegen Engler, vom deutschen Strafverfahren gegen ihn und von Rechtshilfeersuchen abhängig gewesen sei

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Michael Kummer
Michael Kummer
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