Als LIBOR-Hypotheken werden Hypotheken bezeichnet, welche eine Laufzeit von drei bis sechs Monaten haben und dabei einfache Kündigungsbedingungen aufweisen. Der Hypothekarzins richtet sich in besagten Perioden nach den momentanen Gegebenheiten des Marktes.
Das Obergericht Zürich hat vor kurzem einen Gerichtsentscheid zu LIBOR-Hypotheken veröffentlicht. Dabei geht es um einen Kunden einer Bank, der geltend macht, zu viel Zinsen bezahlt zu haben. Die Bank habe ihre Aufklärungspflicht dadurch verletzt, indem dem Kunden hätte mitgeteilt werden müssen, dass dieser über Jahre hinweg zu viel Zins bezahlte. Der Kunde fordert nun die zu viel bezahlten Zinsen vom Finanzinstitut zurück.
Die Frage stellt sich: Wie kann es dazu kommen, dass Banken ihren Kunden Zinsen bezahlen müssen für Hypotheken, die die Kunden aufgenommen haben? Es klingt kurios, hat aber einen plausiblen Grund: Seit August 2011 gab es seit langem wieder Negativzinsen in der Schweiz. Die Banken hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass der LIBOR-Zinssatz negativ wird. Daher war in den Klauseln der Hypothekarverträge der Fall eines negativen Zinssatzes nicht ausdrücklich erwähnt.
Die Zinshöhe einer LIBOR-Hypothek basiert auf dem LIBOR (London Interbank Offered Rate). Die Höhe des zu bezahlenden Zinses für so eine Hypothek lässt sich anhand des LIBOR-Zinssatzes zuzüglich der Marge der Bank berechnen. Gemäss dem Rahmenvertrag für Grundpfandkredite von 2012 ging die Bank bei einem negativen LIBOR-Satz jedoch von einem Basiswert von 0% als Zins aus zuzüglich Marge. Im Gerichtsfall war deshalb strittig, ob der Nullzinsfloor Gegenstand des Rahmenvertrages war. Das Obergericht anerkannte immerhin, dass die Bestätigungsschreiben der Bank keine gesonderten Vereinbarungen darstellen. Vielmehr stellen sie ein Indiz dar, welches auf den Inhalt von allenfalls mündlich getroffenen Vereinbarungen schliessen lässt. Dem Bankkunden bleibt jedoch der Gegenbeweis offen, wobei zur Entkräftung genügt, dass berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Bestätigungsschreiben entstehen.
Zu viel belastete Zinsen könnten in Zukunft zurückgefordert werden. Um einen legitimen Anspruch zu haben, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Weder im Vertrag noch in allfälligen (mündlichen) Nebenabreden darf ein Basiszins von mindestens null vereinbart sein;
- Der Anspruch beginnt ab der ersten Zinszahlung nach Einführung der Negativzinsen; das Anspruchsende, wenn ein neuer Vertrag oder eine separate Vereinbarung mit einer Untergrenze für den Basiszins akzeptiert wird;
- Die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruch beträgt fünf Jahre; in einigen Fällen auch zehn Jahre ab dem Anspruchsende.
Der Fall wird an das Bezirksgericht für das Beweisverfahren zurückgewiesen. Der Kläger muss dann beweisen können, dass in den Vertragsverhandlungen nie die Rede eines Nullzinsfloor gewesen ist. Der vorliegende Fall ist daher noch nicht entschieden. Die Aberkennung des Vertragscharakters von Bestätigungsschreiben könnte jedoch bereits heute zu einer Flutwelle von Rückforderungsgesuchen führen.