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Die virtuelle Generalversammlung

Im Zuge der noch immer frischen Aktienrechtsrevision hat der Gesetzgeber nun Klarheit in Bezug auf die Durchführungsmodalitäten einer Generalversammlung geschaffen. Fraglich war in jüngster Zeit insbesondere, inwiefern eine virtuelle oder hybride (gemischte) GV zulässig ist und wie diese ausgestaltet werden müsste. Nun steht fest, dass sowohl die virtuelle (Art. 701d OR) als auch die hybride Durchführung (Art. 701c OR) unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind.

Begriff

Eine virtuelle Generalversammlung ist eine GV ohne Tagungsort im digitalen (elektronischen) Raum, folglich ohne physische Präsenz der Teilnehmer. Begriffsbestimmend ist die fehlende physische Präsenz der Aktionäre; die Interaktion der Teilnehmer spielt sich dabei im virtuellen Raum ab. Von einer hybriden GV wird gesprochen, wenn eine GV physisch, aber unter Fernteilnahme gewisser Aktionäre mittels elektronischen Mitteln, durchgeführt wird. Die Zulässigkeit einer solchen GV ergibt sich aus der neuen Bestimmung, welche besagt, dass Aktionäre, die nicht physisch am Ort der GV anwesend sind, ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben können.

Voraussetzungen

Für die gänzlich virtuelle Durchführung einer GV ohne Tagungsort bedarf es zunächst einer Grundlage in den Statuten. Hierbei genügt bereits die schlichte Feststellung in den Statuten, dass die Gesellschaft Aktionärsbeschlüsse auch an einer virtuellen GV fassen kann. Sofern die Statuten nichts anderes vorsehen, entscheidet der Verwaltungsrat, ob die GV virtuell erfolgen soll oder nicht. Der Verwaltungsrat hat darüber hinaus in der Einberufung der GV einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu bezeichnen. Börsenkotierte Gesellschaften mittels statutarischer Grundlage auf Letzteres verzichten.

Damit die GV hybride durchgeführt werden kann, bedarf es im Grunde keiner statutarischen Grundlage. In diesem Fall ist ausschliesslich der VR kompetent, diese Form der GV zu veranlassen – mit anderen Worten hat der Aktionär keinen Anspruch auf virtuelle Teilnahme an der GV. Die Statuten können den Aktionären dieses Recht aber auch ausdrücklich einräumen. An der GV hat ein von der Gesellschaft bezeichneter Stimmrechtsvertreter physisch am Tagungsort anwesend zu sein. Dieser über das Stimmrecht der virtuell teilnehmenden Aktionäre aus, indem er ihre Weisungen elektronisch in Echtzeit erhält.

Technische Störungen

So gut einen virtueller Stream auch sein mag, wird früher oder später ein technisches Problem auftreten, welches die Durchführung der GV erschwert. Das Gesetz sieht vor, dass beim Auftreten technischer Störungen, sodass die GV nicht ordnungsgemäss durchgeführt werden kann, so muss sie wiederholt werden. Bereits gefasste Beschlüsse (ohne technische Schwierigkeiten) bleiben dabei gültig. Ausschliesslich die aufgrund der technischen Störungen noch nicht gefassten Beschlüsse sind zu wiederholen. Nicht als technische Probleme im Sinne des Gesetzes gelten grundsätzlich Störungen auf der Seite des einzelnen Aktionärs bei seiner Hardware oder Software. Kommt es jedoch zu einem flächendeckenden Problem bei einem für das Aktionariat wichtigen Anbieter, ist ein Abbruch und eine Wiederholung angebracht, und zwar nicht nur, wenn ein wesentlicher Teil der Aktionäre den betreffenden Dienst beansprucht, sondern bereits bei relativ kleinem Betroffenenkreis, solange die unverfälschte Willensbildung objektiv nicht mehr gegeben ist.

Michael Kummer
Michael Kummer 
Senior Partner 

kummer@stach.ch
+41 (0)71 278 78 28

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