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Änderung der Strafprozessordnung: Die wichtigsten Neuerungen

Die Bundesversammlung hat nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. August 2019 am 17. Juni 2022 diverse Änderungen der Strafprozessordnung beschlossen. Die Referendumsfrist ist per 6. Oktober 2022 unbenutzt verstrichen. Der Bundesrat hat am 23. August 2023 beschlossen, die Änderungen der Strafprozessordnung auf den 1. Januar 2024 in Kraft zu setzen. Davon ausgenommen sind drei Bestimmungen im Jugendstrafgesetz und in der Jugendstrafprozessordnung. Diese Änderungen erfolgen zu einem späteren Zeitpunkt. Die Änderungen betreffen unter anderem das Strafbefehlsverfahren sowie die Opferrechte und das Entsiegelungsverfahren.

Der Bundesrat will durch punktuelle Änderungen die Praxistauglichkeit der Strafprozessordnung verbessern. Die Staatsanwaltschaft muss künftig die beschuldigte Person immer einvernehmen, wenn zu erwarten ist, dass der Strafbefehl eine zu verbüssende Freiheitsstrafe zur Folge haben wird (Art. 352a E-StPO). Weiter kann im Strafbefehlsverfahren künftig über Zivilforderungen bis zu CHF 30’000.- entschieden werden, sofern deren Beurteilung ohne weitere Beweiserhebungen möglich ist (Art. 353 Abs. 2 E-StPO).

Im Bereich der Opferrechte wird das Recht des Opfers auf Information ausgeweitet. Künftig hat ein Opfer das Recht, das Urteil oder den Strafbefehl gegen den Täter unentgeltlich zu erhalten, auch wenn es nicht Partei im Strafverfahren ist (Art. 117 Abs. 1 lit. g E-StPO). Neu wird dem Opfer die unentgeltliche Rechtspflege zudem auf Gesuch hin auch für die Durchsetzung seiner Strafklage gewährt (Art. 136 Abs. 1 lit. b E-StPO).

Im Bereich der Entsiegelung von Aufzeichnungen oder Gegenständen wird das Verfahren genauer geregelt. Das Ziel ist es, Entsiegelungsverfahren zu verkürzen und somit (insbesondere komplexe) Strafverfahren gesamthaft zu beschleunigen (Art. 248a E-StPO).

Im Rahmen der parlamentarischen Debatte war insbesondere die Einschränkung des Teilnahmerechts für Beschuldigte an Einvernahmen weiterer Beschuldigter stark umstritten. In der Argumentation standen sich Effizienzgedanken und der Anspruch auf ein faires und transparentes Verfahren gegenüber. Der Nationalrat, welcher die Einschränkung von Beginn an ablehnte, konnte sich in diesem Punkt schliesslich durchsetzen. Die Teilnahmerechte bleiben somit unverändert und werden nicht eingeschränkt. 

Michael Kummer
Michael Kummer 
Senior Partner 

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