Stach Rechtsanwälte Logo

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in der Schweiz: Ein Vergleich zwischen IPRG und LugÜ

Die Schweiz ist als international verflochtener Wirtschaftsstandort regelmässig mit ausländischen Gerichtsentscheiden konfrontiert. Dabei stellt sich oft die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein ausländisches Urteil in der Schweiz anerkannt und vollstreckt werden kann. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich im Wesentlichen im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vom 18. Dezember 1987 sowie im Lugano-Übereinkommen (LugÜ) vom 30. Oktober 2007. Beide Regelwerke definieren die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, gelten aber nicht gleichzeitig, sondern je nach Herkunftsstaat des Urteils. Vor diesem Hintergrund gibt der Artikel einen Überblick über die Unterschiede zwischen IPRG und LugÜ bei Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile.

Anwendungsbereiche

Das LugÜ ist ein multilateraler Staatsvertrag, der zwischen der Schweiz, den EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und Island abgeschlossen wurde. Es gilt für Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug zwischen diesen Vertragsstaaten.

Das IPRG kommt hingegen zur Anwendung, wenn das ausländische Urteil aus einem Drittstaat stammt, also weder aus einem EU-Staat noch aus Norwegen oder Island.

Voraussetzungen der Anerkennung ausländischer Urteile

Gemäss dem LugÜ ist ein in einem LugÜ-Staat ergangenes Urteil grundsätzlich ohne besonderes Verfahren anzuerkennen. Die Anerkennung kann nur verweigert werden, wenn bestimmte Ausnahmetatbestände vorliegen, etwa der Verstoss gegen den schweizerischen ordre public, das Fehlen der Anhörung der beklagten Partei oder die Unvereinbarkeit mit einem in der Schweiz ergangenen Entscheid.

Gemäss dem IPRG ist ein ausländisches Urteil dann anzuerkennen, wenn die ausländische Behörde nach schweizerischer Auffassung zuständig war, dem Beklagten rechtliches Gehör gewährt wurde, kein Verstoss gegen den schweizerischen ordre public vorliegt und keine erkennbare Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt. Das IPRG stellt damit höhere Anforderungen an die Prüfung ausländischer Urteile.

Vollstreckung ausländischer Urteile

Ein Urteil, das gemäss LugÜ anerkannt wird, kann in einem vereinfachten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden. Dieses Verfahren wurde mit der Revision des LugÜ im Jahr 2007 deutlich verschlankt, insbesondere durch den Wegfall des Exequaturverfahrens für bestimmte Titel.

Bei der Vollstreckung eines Urteils nach IPRG wird dem hingegen ein begründetes Gesuch an das zuständige schweizerische Gericht vorausgesetzt. Der Entscheid über die Vollstreckung wird dann im summarischen Verfahren gefällt und unterliegt grundsätzlich der Beschwerde nach ZPO.

Fazit

Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in der Schweiz richtet sich nach zwei unterschiedlichen Rechtsquellen: dem LugÜ für Urteile aus Vertragsstaaten und dem IPRG für Urteile aus Drittstaaten. Während das LugÜ die Anerkennung grundsätzlich erleichtert und ein schlankes Vollstreckungsverfahren vorsieht, verlangt das IPRG eine detailliertere Prüfung.

Für Unternehmen und Privatpersonen mit grenzüberschreitenden Beziehungen ist es daher zentral, frühzeitig abzuklären, welcher Rechtsrahmen zur Anwendung kommt. Eine fundierte juristische Beratung kann helfen, Zeit und Kosten bei der Durchsetzung von Forderungen aus dem Ausland erheblich zu reduzieren.

Michael Kummer
Michael Kummer 
Senior Partner 

kummer@stach.ch
+41 (0)71 278 78 28

Fokus

Individualbesteuerung: Systemwechsel mit weitreichenden Folgen

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in der Schweiz: Ein Vergleich zwischen IPRG und LugÜ

Regulierungsansatz für künstliche Intelligenz in der Schweiz

Alle Fokusbeiträge