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Das neue Aktienrecht und die virtuelle Generalversammlung

Nachdem die Aktienrechtsrevision bereits partiell durch wenige Neuregelungen bezüglich Geschlechterquote und Transparenzvorschriften für Rohstoffunternehmen im Jahr 2021 in Kraft getreten ist, werden ab dem 1. Januar 2023 zahlreiche weitere Änderungen Geltung erlangen. Damit wird die Aktienrechtsrevision nach einer jahrelangen Revisionsphase abgeschlossen. Zu diesen Änderungen gehört auch die Anpassung des Institutes der Generalversammlung (GV) an die heutige Zeit. 

Gemäss bisherigem Recht waren Aktionäre oder deren Vertreter verpflichtet, sich bei einer GV physisch zu treffen. Nur damit konnte das Prinzip der Unmittelbarkeit gewährleistet werden. Dieses Prinzip besagt, dass ein gegenseitiger Informationsaustausch unter den Aktionären sowie dem Verwaltungsrat gewährleistet werden muss. Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie wurde die Durchführung einer GV mit physischer Präsenz aufgrund der Massnahmen verunmöglicht. Damit GVs trotzdem durchgeführt werden konnten, wurde in der Covid-19 Verordnung 3 die Möglichkeit eingeführt, GVs virtuell abzuwickeln. Nach dem ausser Kraft treten der Verordnung Ende 2022 wird die Möglichkeit der virtuellen Durchführung von GVs aber noch weiter bestehen. So sieht das neue Aktienrecht neue Formen für die GV vor.

Eine dieser neuen Formen ist die virtuelle GV. Mit der Einführung dieser soll das Institut der GV an den technischen Fortschritt sowie an den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft angepasst werden. Damit eine virtuelle GV gültig durchgeführt werden kann, müssen aber einige Regelungen berücksichtigt werden. 

Statuarische Grundlage

Eine virtuelle Generalversammlung kann nur durchgeführt werden, wenn dafür eine entsprechende Grundlage in den Statuten zu finden ist. So müssen Aktiengesellschaften, die ihre GV künftig virtuell durchführen wollen, eine Statutenänderung vornehmen. Diese Statutenänderung bedarf eines Mehrheitsbeschlusses der GV,einer öffentlichen Beurkundung sowie einem Eintrag im Handelsregister.

Form und Zugang

Hinsichtlich der Form finden sich im Gesetz keine grossen Anforderungen. So kann eine virtuelle GV allein anhand von Tonübertragungen durchgeführt werden. Eine Übertragung per Bild/Video ist nicht erforderlich. Es ist jedoch zwingend nötig, dass die GV genügend Interaktionsmöglichkeit bietet, um einen Meinungsbildungsprozess zu gewährleisten. So würde beispielsweise eine GV die nur über einen Chat läuft, dieser Anforderung nicht genügen. Da die virtuelle GV über ein digitales Tool wie beispielsweise Zoom oder Ähnliches laufen wird, muss gewährleistet werden, dass die Aktionäre oder deren Vertreter auch über einen technischen Zugang verfügen. So muss der Verwaltungsrat vor der Einberufung der virtuellen GV sicherstellen, dass auch Aktionäre mit wenig Verständnis von Technologie Zugang zur GV haben.

Sicherheit

Vor der Einberufung muss der Verwaltungsrat weitere Voraussetzungen sicherstellen, die eine Verfälschung der Voten verhindert. So muss gewährleistet werden, dass die Identität der Teilnehmer festgestellt werden kann, die Voten der GV unmittelbar übertragen werden können, jeder Teilnehmer Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen kann, sowie das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann (Art. 701e nOR)

Einberufung

Wie im bisherigen Recht muss auch die virtuelle GV vom Verwaltungsrat und mindestens 20 Tage vor dem Versammlungstag einberufen werden. 

Protokoll

Auch bei der virtuellen GV hat der Verwaltungsrat Protokoll zu führen. Dieses ist grundsätzlich gleich zu führen wie das Protokoll einer normalen GV. Mit der Revision  sind jedoch zwingend auch relevante technische Probleme, die während der virtuellen GV auftreten, zu protokollieren (Art. 702 Abs. 2 nOR).

Technische Probleme

Relevante technische Probleme sind, wie bereits erwähnt, zu protokollieren. Sollte bei einer virtuellen GV jedoch ein Problem auftreten, dass die Weiterführung der Versammlung verunmöglicht, muss die GV zu einem neuen Zeitpunkt wiederholt werden. Die bis zum Auftreten des Problems getroffenen Beschlüsse sind dadurch jedoch nicht hinfällig, sondern bleiben weiterhin gültig (Art. 701f nOR).

Fazit

Mit der virtuellen GV wird es einfacher und flexibler sein, eine solche durchzuführen. Für Unternehmen mit vielen Aktionären rund um die Welt ist dies von grossem Vorteil. Um von der neuen Form der GV Gebrauch zu machen, sind aber einige Vorbereitungen nötig. So hat eine Aktiengesellschaft zwingend ihre Statuten zu ändern, wenn sie eine virtuelle GV durchführen will. Auch die Bereitstellung der nötigen elektronischen Mittel fordert viel Aufwand und Zeit. Aufgrund dessen wird Aktiengesellschaften die eine virtuelle GV durchführen möchten, empfohlen, die erforderlichen Vorkehrungen bereits im laufenden Jahr zu treffen.

Stach Rechtsanwälte AG
Michael Kummer 
Senior Partner 

kummer@stach.ch
+41 (0)71 278 78 28

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