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Photovoltaikanlagen im Stockwerkeigentum: Beschlüsse und Mehrheitsanforderungen

Die Errichtung einer Photovoltaikanlage im Stockwerkeigentum (STWE) wirft vielfältige rechtliche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Beschlüsse und Beschlussmehrheiten. Da Dach und Fassade zu den gemeinschaftlichen Teilen eines Gebäudes gehören, kann über deren Nutzung ausschliesslich die Stockwerkeigentümerversammlung entscheiden. Für den Bau einer Photovoltaikanlage ist daher stets ein Beschluss dieser Versammlung erforderlich. Soll die Anlage zusätzlich im Rahmen eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) oder eines virtuellen ZEV betrieben werden, bedarf es eines weiteren Beschlusses.

Bau einer Photovoltaikanlage

Welche Mehrheit für den Bauentscheid erforderlich ist, ergibt sich aus den Art. 647c ff. ZGB und hängt von der rechtlichen Qualifikation der baulichen Massnahme ab. Das Gesetz unterscheidet zwischen nützlichen, notwendigen und luxuriösen baulichen Massnahmen. Abweichende Mehrheitsvorgaben können sich zudem aus dem Stockwerkeigentümerreglement ergeben.

Als nützliche bauliche Massnahme im Sinne von Art. 647d ZGB gilt ein Vorhaben, das der Wertsteigerung, der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder der besseren Gebrauchsfähigkeit der Liegenschaft dient. Der nachträgliche Einbau einer wirtschaftlich rentablen Photovoltaikanlage, von der alle Stockwerkeigentümer profitieren, erfüllt dieses Kriterium. Für einen solchen Beschluss ist eine doppelte Mehrheit erforderlich: die Mehrheit aller Stockwerkeigentümer sowie die Mehrheit der Wertquoten. Die Kosten tragen sämtliche Eigentümer gemeinschaftlich, unabhängig davon, ob sie dem Beschluss zugestimmt haben.

Eine notwendige bauliche Massnahme liegt gemäss Art. 647c ZGB vor, wenn eine bestehende Anlage ersetzt werden muss. In diesem Fall genügt ein einfaches Mehr aller Stockwerkeigentümer.

Von einer luxuriösen baulichen Massnahme im Sinne von Art. 647e ZGB ist auszugehen, wenn eine Photovoltaikanlage unrentabel ist oder nur einzelnen Eigentümern bzw. einem Teil von ihnen zugutekommt. Grundsätzlich ist hierfür Einstimmigkeit erforderlich. Art. 647e Abs. 2 ZGB sieht jedoch eine wichtige Ausnahme vor: Wird die Massnahme von der Mehrheit der Eigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Wertquoten vertreten, beschlossen, kann sie auch gegen den Willen einzelner Eigentümer durchgeführt werden – vorausgesetzt, deren Nutzungs- und Gebrauchsrechte werden nicht dauerhaft beeinträchtigt. Zudem müssen die zustimmenden Miteigentümer für eine bloss vorübergehende Beeinträchtigung Ersatz leisten und die Kostenanteile übernehmen.

Nutzung der Dachfläche

Ein gesonderter Beschluss zur Nutzung der Dachfläche erübrigt sich, wenn die Anlage allen Eigentümern zugutekommt. Anders verhält es sich, wenn lediglich einzelne Eigentümer oder externe Dritte die Dachfläche nutzen sollen. In solchen Konstellationen kann die Begründung einer Dienstbarkeit von Vorteil sein. Da Grunddienstbarkeiten zwingend im Grundbuch einzutragen sind, bedarf es hierfür eines einstimmigen Beschlusses nach Art. 648 Abs. 2 ZGB.

Soll nur ein Teil der Eigentümer die Dachfläche nutzen dürfen, kann ein Sondernutzungsrecht im Stockwerkeigentümer-Reglement verankert werden. Für dessen nachträgliche Einführung ist gemäss Art. 712g Abs. 3 ZGB ein Beschluss mit qualifiziertem Mehr erforderlich.

Zusammenschluss zum Eigenverbrauch

Soll der durch die Photovoltaikanlage erzeugte Strom im Rahmen eines ZEV oder virtuellen ZEV gemeinschaftlich genutzt werden, ist ein zusätzlicher Beschluss nach Art. 647b ZGB erforderlich. Da es sich hierbei um eine wichtige Verwaltungshandlung handelt, ist wiederum die doppelte Mehrheit notwendig.

Fazit

Die rechtlichen Anforderungen an den Bau und Betrieb einer Photovoltaik-Anlage im Stockwerkeigentum hängen wesentlich von der Art der Massnahme und der vorgesehenen Nutzung ab. Eine sorgfältige juristische Einordnung ist daher unerlässlich, um rechtssichere Beschlüsse fassen und spätere Konflikte vermeiden zu können.

Michael Kummer
Michael Kummer 
Senior Partner 

kummer@stach.ch
+41 (0)71 278 78 28

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