Das Bundesgericht hat in einem Leitentscheid (BGE 4A_9/2020) die Sorgfaltspflichten von Banken und anderen Finanzgesellschaften konkretisiert. Dabei ging es um die Sorgfaltspflicht einer Finanzgesellschaft im Zusammenhang mit Transaktionsaufträgen von einem Kunden via E-Mail. Der folgende Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde:
Ein Kunde hat bei einer Finanzgesellschaft ein Nummernkonto eröffnet, auf das er einen Betrag von CHF 850’000 transferierte. Dazu ermächtigte der Kunde die Finanzgesellschaft, Instruktionen per E-Mail entgegenzunehmen. Diese Instruktionen sollen ohne Nachfrage oder schriftliche Bestätigung ausgeführt werden. Die Ermächtigung enthielt eine Risikotransferklausel; diese schiebt das Risiko im Zusammenhang mit den E-Mail- Transaktionen auf Kunden ab, es seid denn, die Bank trifft ein grobes Verschulden. In diesem Fall kam es dann dazu, dass Hacker acht Transaktionen innerhalb eines Monats in Auftrag gaben. Später verwendeten die Hacker eine leicht abgeänderte E-Mail, wonach die Bank reagierte und die Transaktionen stoppte. Vor diesen acht Transaktionen wurden vom Kunden innerhalb eines Jahres nur zwei Transaktionen getätigt.
Die Klage auf Rückzahlung der acht missbräuchlichen Transaktionen gelangte schlussendlich bis vor das Bundesgericht. Das Bundesgericht hat in ihrem Urteil[1] entschieden, dass folgende Kriterien die Haftung der Bank in einem solchen Fall einschränken. Durch die Risikotransferklausel haftet die Bank grundsätzlich nur für grobfahrlässiges Handeln. Der Kunde ist somit selber dafür verantwortlich, die notwendigen Massnahmen zu treffen, um die Sicherheit seiner E-Mail-Aufträge zu gewährleisten. Das Bundesgericht sieht in der Haftung des Kunden selbst höhere Gewalt vor. Der Kunde trägt dabei nicht die Pflicht, Massnahmen gegen einen Missbrauch zu treffen, er trägt jedoch die volle Verantwortung bei Versagen seiner Bemühungen.
Im oben erläuterten Sachverhalt hat das Bundesgericht folglich entschieden, dass der Bank keine Hinweise vorgelegen sind, die ihr ein grobfahrlässiges Verhalten vorwerfen könnten. Die Bank habe beim Erkennen der abgeänderten E-Mail direkt reagiert und die zeitnäheren Transaktionen sind kein Grund für eine Sorgfaltspflichtverletzung.
[1] 4A_9/2020