Künstliche Intelligenz (KI) prägt zunehmend Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft – und wirft dabei komplexe rechtliche Fragen auf. Spätestens mit der Einführung generativer KI-Anwendungen wie ChatGPT ist das Thema auch im politischen und regulatorischen Diskurs angekommen. Der Bundesrat hat im Februar 2025 einen wegweisenden Entscheid zur zukünftigen KI-Regulierung in der Schweiz gefällt: Mit einem eigenständigen, auf Schweizer Bedürfnisse abgestimmten Ansatz soll das Gleichgewicht zwischen Innovationsförderung, Grundrechtsschutz und gesellschaftlichem Vertrauen gewahrt werden.
Die vom UVEK (BAKOM) und dem EDA erarbeitete Auslegeordnung bildet die Grundlage dieses regulatorischen Kurses. Sie zeigt: Während es international mit dem AI Act der EU und der KI-Konvention des Europarats bereits verbindliche Regulierungsansätze gibt, fehlt in der Schweiz bislang eine spezifische KI-Gesetzgebung. Dennoch besteht Konsens über die Notwendigkeit gesetzlicher und nicht-gesetzlicher Massnahmen.
Kern des vom Bundesrat gewählten Modells ist die Ratifikation der KI-Konvention des Europarats, ergänzt durch sektorspezifische Gesetzesanpassungen in zentralen Bereichen wie Datenschutz, Transparenz, Diskriminierungsfreiheit und Aufsicht. Eine generelle, sektorübergreifende Regulierung ist hingegen auf grundrechtsrelevante Aspekte beschränkt. Der pragmatische Charakter dieses Modells zeigt sich auch in der geplanten Kombination aus verbindlichen und freiwilligen Instrumenten, darunter Selbstdeklarationssysteme und Branchenlösungen.
Ziel dieses Regulierungsansatzes ist es, sowohl die internationale Anschlussfähigkeit – insbesondere gegenüber der EU – sicherzustellen, als auch Rechtssicherheit und Innovationsspielraum im Inland zu schaffen. Begleitet wird der Prozess durch umfangreiche Konsultationen mit Kantonen, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Bis Ende 2026 soll eine Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der KI-Konvention vorliegen sowie ein Umsetzungsplan für die ergänzenden Massnahmen.
Für die Praxis bedeutet dies: Unternehmen und Institutionen sind gut beraten, sich frühzeitig mit den regulatorischen Entwicklungen auseinanderzusetzen – insbesondere im Hinblick auf risikobasierte Einstufungen, Transparenzpflichten und datenschutzrechtliche Implikationen. Die Anforderungen an Governance, Dokumentation und Compliance werden steigen. Die Einführung geeigneter interner Prozesse und eine gezielte rechtliche Begleitung sind zentrale Erfolgsfaktoren für den rechtskonformen und vertrauenswürdigen Einsatz von KI in der Schweiz.
Strategisch betrachtet bietet der Schweizer Ansatz auch Chancen: Durch die Kombination aus gezielter Regulierung und technologiefreundlicher Offenheit kann die Schweiz sich als Standort für verantwortungsvolle KI-Entwicklung international positionieren.
Fazit: Die Schweiz positioniert sich mit ihrem Regulierungsansatz als innovationsfreundlicher, grundrechtsorientierter Standort. Für Unternehmen und Behörden empfiehlt sich frühzeitige Auseinandersetzung mit den kommenden Anforderungen – sei es in rechtlicher, technischer oder organisatorischer Hinsicht.
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